von Moon » Fr 11. Mär 2011, 20:46
Berlin "Autopapst" Andreas Keßler ist Deutschlands bekanntester Kfz-Experte.
Für den KURIER beantwortet der Berliner regelmäßig am Sonnabend Fragen rund ums
Auto.
KURIER: Sind Sie überrascht über die sich verschärfende E10-Diskussion?
Keßler: Ja, sehr. Denn die Fakten sind alle nicht neu und schon seit Jahren
bekannt - und betreffen nicht nur alte Autos. Dass nicht alle Autos E10 tanken
können, liegt gerade an der modernen Bauweise. VW, Opel, Mercedes und andere
verwenden z.B. Alu-Komponenten in ihren Kraftstoffsystemen, die von E10
angegriffen werden. Folge: Aluminiumkorrosion. Benzin kann austreten, Brände
verursachen. Betroffen sind vor allem moderne Motoren mit
Direkteinspritzung.
Wie schadet E10 dem Motor noch?
Das Schlimme am E10 ist der Wasseranteil, den Ethanol bindet. Fährt man lange
Strecken, wird der Motor so warm, dass das Wasser durch die hohe Motortemperatur
wieder verdunstet. Gefährlich sind Kurzstrecken. Das im Ethanol gebundene Wasser
kann mit dem Kraftstoff in das Motorinnere gelangen und das Öl verdünnen. Und,
das klingt zwar absurd, ist aber möglich: fährt man im Winter kurze Strecken,
kann das ins Öl gelangte Wasser gefrieren, die Ölpumpe blockieren und so den
Motor ruinieren. So etwas war und ist auch bei konventionellem Kraftstoff durch
Kondenswasser möglich, wird aber durch E10 verschärft.
Das heißt, wer E10 tankt, fährt sicherer, wenn er viel fährt?
Ja, aber er verbraucht für die gleiche Strecke mehr Sprit als früher.
Was richtet das im E10 gebundene Wasser beim Öl an?
Es bildet eine nur noch eingeschränkt schmierfähige Emulsion. E10-Tanker
sollten häufiger das Öl auf Wasserperlen oder "Mayonnaise" (gelblicher Schleim
am Öleinfülldeckel) kontrollieren. Allerdings haben viele Autos keinen Messstab
mehr, überprüfen den Ölstand durch Sensoren. Da hat man erst mit einem
Motorschaden den Beweis, dass Wasser eingedrungen ist.
Was ist noch schädlich am E10?
E10 hat viel mehr Alkoholanteil als Super-Sprit. Dieser Alkohol kann
Kunststoffteilen die Weichmacher entziehen, z.B. Dichtungen. Die werden spröde
und lösen sich auf. Und die Reaktion mancher Metalle auf E10 ist noch nicht
ausreichend erforscht. Korrosionseffekte können nicht ausgeschlossen werden.
Trägt E10 zum Spritsparen bei?
Nein. E10 hat eine geringere Energiedichte als Normalsprit. Das heißt, um die
gleiche Leistung rauszuholen, verbraucht man zwei bis drei Prozent mehr Sprit
mit E10.
Wie sehen Sie die Zukunft des E10?
Es gibt keine. Meiner Meinung nach wird E10 eingestellt.